Fachstelle für Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche

Was Eltern und Bezugspersonen wissen wollen…

Auch Eltern und Bezugspersonen haben viele Fragen, wenn Ihr Kind zu Polizei oder Gericht muss. Häufig sind Erwachsene aber von anderen Fragen beschäftigt als Kinder und Jugendliche. In der Prozessbegleitung können alle Fragen besprochen werden.

Warum ist es sinnvoll, mit Prozessbegleitung so früh wie möglich zu beginnen?

Prozessbegleitung kann bereits vor der Anzeige in Anspruch genommen werden. In diesem Fall kann in Ruhe gemeinsam überlegt werden, ob eine Anzeige sinnvoll ist, wann und wie die Anzeige am besten erfolgen kann und was es Ihrem Kind erleichtern könnte, eine Aussage bei der Polizei zu machen. Falls bereits Anzeige erstattet wurde, ist es aber auch zu einem späteren Zeitpunkt noch sinnvoll, Prozessbegleitung heranzuziehen.

Mein Kind ist schon in Psychotherapie – Warum brauchen wir
dann noch Prozessbegleitung?

Psychotherapie und Prozessbegleitung sind zwei unterschiedliche Maßnahmen. Wichtig ist, dass der therapeutische Prozess durch das Gerichtsverfahren nicht belastet oder gefährdet ist. In den meisten Fällen bewährt es sich, wenn die Begleitung im Gerichtsverfahren nicht durch die Psychotherapeutin/den Psychotherapeuten, sondern durch eine außenstehende Fachkraft erfolgt. Ihre Prozessbegleiterin/Ihr Prozessbegleiter berät Sie dabei, wie Psychotherapie und Prozessbegleitung gut koordiniert werden können.

Wühlt Prozessbegleitung mein Kind denn nicht noch mehr auf?

Viele Angehörige denken, dass Kinder nach einem belastenden oder traumatischen Ereignis besonders Ruhe oder Ablenkung brauchen. Eine Anzeige oder ein Gerichtsverfahren führt dazu, dass Erinnerungen wieder hochkommen und das Kind sich mit den Geschehnissen auseinandersetzen muss. Prozessbegleitung hilft, diese Gefühle, Gedanken und Erinnerungen zu verstehen und zu ordnen. Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter können aufgrund ihrer Erfahrung gut einschätzen, wie viel Auseinandersetzung für ein Kind hilfreich ist und wann die Belastung zu groß wird.

Warum soll ich als Bezugsperson auch zu Beratungsgesprächen
zur Prozessbegleitung kommen?

Aus mehreren Gründen ist es wichtig, dass auch die Bezugspersonen in die Prozessbegleitung einbezogen sind: Die Angehörigen des Kindes tragen viel dazu bei, damit sich ein Kind sicher und gut unterstützt fühlen kann. In der Vorbereitung auf die Einvernahme des Kindes bei der Polizei oder die Gerichtsverhandlung ist es wichtig zu besprechen, wie die Angehörigen das Kind zuhause unterstützen und auf z.B. seine Fragen eingehen können. Bei einem Gerichtsverfahren sind Erwachsene sind oft mit anderen Fragen oder Anliegen beschäftigt als die Kinder. Zudem ist ein Verfahren auch für die Bezugspersonen eines Kindes belastend und aufregend. Das spüren auch die Kinder, und für die meisten Kinder ist es wichtig und erleichternd zu wissen, dass auch ihre Eltern oder Betreuungspersonen jemanden haben, der sie unterstützt.

Warum soll ich mein Kind nicht als Vertrauensperson zur Aussage begleiten
und z.B. auch nicht eine Bekannte oder Lehrerin?

Jede Zeugin und jeder Zeuge darf eine Vertrauensperson zur gerichtlichen Einvernahme mitnehmen. Die meisten Mädchen und Burschen entscheiden sich für ihre Prozessbegleiterin bzw. ihren Prozessbegleiter, weil es leichter ist, belastende Erlebnisse vor Personen zu erzählen, die einem nicht ganz so nahe stehen. Viele Kinder haben Sorge, dass es ihre Mutter, ihre Tante oder ihren Lehrer zu sehr belasten könnte, direkt vom Kind zu hören, was genau geschehen ist. Hinzu kommt, dass Angehörige oder PädagogInnen des Kindes manchmal auch als ZeugInnen in Frage kommen und dann nicht das Kind als Vertrauensperson begleiten dürfen. Wichtig als Bezugsperson sind Sie z.B. im Anschluss an eine Befragung, wenn es darum geht, mit dem Kind etwas Angenehmes zu unternehmen.

Wie kann ich mein Kind während des Gerichtsverfahrens am besten unterstützen?

Jedes Mädchen und jeder Bub erlebt ein Gerichtsverfahren anders. ProzessbegleiterInnen sind ExpertInnen für die Bedürfnisse von Kindern vor Gericht – Sie sind Expertin/Experte für Ihr Kind. Gemeinsam können Sie gute Wege finden, Ihr Kind während des Prozesses zu unterstützen.

Kinder machen sich viele Gedanken darüber, was das Gerichtsverfahren für seine Angehörigen bedeutet. Für jedes Kind ist es entlastend zu wissen, dass auch seine Bezugspersonen Unterstützung erhalten. Auch dies ist ein Grund, als Bezugsperson die Angebote der Prozessbegleitung zu nutzen.

Warum kann nicht unser Familienanwalt die juristische
Prozessbegleitung übernehmen?

Sie können darauf vertrauen, dass Psychosoziale ProzessbegleiterInnen mit RechtsanwältInnen kooperieren, die viel Erfahrung in der rechtlichen Vertretung von Gewaltopfern haben und das zuständige Gericht und meist auch die beteiligten RichterInnen, StaatsanwältInnen usw. kennen. Mit dieser Erfahrung können sie gut einschätzen, welche Vorgehensweise sinnvoll ist. Zudem funktioniert durch die bewährte Zusammenarbeit mit der/dem von der psychosozialen Prozessbegleitung vorgeschlagenen Rechtsanwältin/anwalt der Informationsfluss und die Abstimmung der Vorgehensweise besser, wovon schließlich auch Ihr Kind und Sie profitieren.

Mein Kind muss auch in einem Zivilverfahren aussagen.
Ist hier auch Prozessbegleitung möglich?

Wenn Prozessbegleitung bereits in einem Strafverfahren, das in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Zivilverfahren steht, stattgefunden hat, ist psychosoziale Prozessbegleitung auch im Zivilverfahren (z.B. Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren) möglich. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Prozessbegleiterin/Ihrem Prozessbegleiter.

Warum unternimmt die Prozessbegleitung nicht mehr, damit der Täter verurteilt wird?

Die wesentliche Aufgabe von Prozessbegleitung ist, innere und äußere Belastungsfaktoren, die sich für das Opfer durch eine Anzeige und ein Gerichtsverfahren ergeben, zu reduzieren. Eine Verurteilung zu erwirken, ist nicht primäre Aufgabe von Prozessbegleitung. Wie ein Gerichtsverfahren ausgeht, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, die oft zu Beginn noch nicht absehbar sind. Prozessbegleiterinnen und Prozessbegleiter helfen Ihnen und Ihrem Kind zu verstehen, aus welchen Gründen ein Beschuldigter verurteilt oder freigesprochen wird oder auch ein Verfahren eingestellt werden muss.

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